Michael

2015

Nie wäre ich auf die Idee gekom­men, mich bei Wüstenx­erz­i­tien anzumelden. Aber Gottes Wege sind anders …

Eine Schwester im Herrn, die der Gemein­schaft Emmanuel ange­hört, ruft mich an und fragt mich, ob ich als Arzt eine Pil­ger­gruppe in die Wüste begleiten würde. Das ist 4 Wochen vor der geplanten Abreise, daher habe ich nicht viel Zeit zu überlegen. Im Gebet wird mir klar, Jesus ruft mich und ich sage zu.

Als ich die Teil­nehmer am Flughafen zum ersten Mal sehe, fällt mir das viele Gelächter auf, das bis auf die Momente des Schweigens in der Wüste, von da an immer präsent ist. Das gefällt mir gle­ich sehr, da für mich Humor ein essen­tieller Aspekt des Wesens des Heili­gen Geistes ist. Später stellt sich her­aus, dass unser „Aaron“ nicht nur ein Men­sch ist, den ich als Priester sehr schätze, son­dern der auch ein hochbe­gabter Kabaret­tist ist, der Men­schen so unglaublich gut nach­machen kann, und der Anek­doten erzählt, mit denen er mich so zum Lachen bringt, wie schon lange niemand.

Mit dem ein­fachen Leben, zeit– und handy­los, mit Wüsten­klo, Katzen­wäsche mit Feucht­tüch­ern, mit einer Diät, die zwar sehr gut, aber doch in Einigem nicht dem Gewohn­ten entspricht, komme ich rel­a­tiv schnell zurecht. Obwohl die ersten Nächte im Schlaf­sack mit nicht sehr viel Schlaf geseg­net sind, erkenne ich, dass all dies nicht wirk­lich zählt, dafür aber zum Wesentlichen führt, näm­lich zur Begeg­nung mit Gott. Es scheint mir aus­geschlossen, wie man in dieser ein­ma­li­gen Natur mit einer sich ständig verän­dern­den Land­schaft, mit uner­warteten Mil­liar­den von kleinen Blu­men, dem uner­messlichen Ster­nen­him­mel, nicht von Seiner unendlichen Liebe zutiefst berührt wer­den sollte. Da treten alle kleinen Wehwe­hchen in den Hintergrund.

Unter diesen Bedin­gun­gen, dann auch noch 10 Tage hin­durch Geistliches in konzen­tri­ertester Form ange­boten zu bekom­men, hat meine kühn­sten Erwartun­gen weit übertrof­fen. Alles ist eine Überraschung und das erhöht die Span­nung. Jeder Tag bringt wieder neue Höhepunkte.

Meine Ängste, als Arzt gewis­sen Sit­u­a­tio­nen nicht gewach­sen zu sein, schwinden zuse­hends. Für mich besteht kein Zweifel, dass es Gottes unglaublicher Vorse­hung zu ver­danken ist, wenn von 60 Pil­gern kein einziger ern­stlich erkrankt. Daher möchte ich alle Kol­legin­nen und Kol­le­gen ermuti­gen, mitzumachen.

Frap­pierend sind, bei all der Ver­schieden­heit ihrer Mit­glieder, die Ein­heit und der Friede inner­halb der Gruppe. Für mich nur erk­lär­bar durch den Wun­sch, in jedem Bruder und in jeder Schwester das Antlitz Jesu zu erken­nen. Ein wun­der­barer kleiner Aus­blick auf den Himmel …

So haben diese Exerz­i­tien mich in der Tiefe meiner Seele zutiefst getrof­fen und ich zehre sicher noch sehr, sehr lange für den Weg durch die Wüsten meines Lebens. Ich danke Gott für alls das, was Er mir in diesen Tagen unver­hofft geschenkt hat.